Erst letzte Woche meinte ich noch, ich hatte noch nie Probleme mit öffentlichen Verkehrsmitteln und schon passierte vorhin was, das mich sprachlos gemacht hat.

In- ist es üblich, dass alle Türen geöffnet werden - egal, ob man vorne, in der Mitte oder hinten einsteigen will. In Potsdam ist es offenbar so, dass du unbedingt vorne stehen sollst. 95 % der Leute hier zeigen nämlich ihren Fahrschein vor.

Wenn du aber in der Mitte stehst, war es immer so, dass vorne die Tür aufgemacht wurde oder halt auch die anderen Türen aufgingen, weil Fahrgäste raus wollten. Ich schaue daher immer erst, ob ich in der Mitte rein kann, da ich es nicht mag, vorne einzusteigen.

Um 5:55 Uhr kam der Bus an, ich gehe wie üblich zur Mitte - und der Bus fährt wieder los. Ich war in dem Moment dermaßen fassungslos, dass ich gar nicht wusste, wie ich reagieren soll. Die Aktion war aber so lächerlich, dass ich mich darüber nicht aufrege und lediglich vor Unverständnis den Kopf schütteln kann.

Keine Ahnung, was sich der Fahrer dabei gedacht hat.
Vielleicht hat er tatsächlich nicht gerafft, dass ich mitfahren wollte, obwohl ich dicht an die Tür ging. Oder er war verpeilt und hat nicht gesehen, dass da jemand stand. Oder es war sein letzter Arbeitstag und ihm war alles egal.

Na schön, dann gehe ich zukünftig eben immer brav ganz nach vorne. Jemand aus - muss nun mal sein Privileg checken.

Ich verstehe dich durchaus, aber ich kann dir versichern, dass ich immer zur Seite gehe, sobald die Tür aufgeht, um niemanden im Weg zu stehen. Ebenso steige ich stets aus, wenn jemand nach draußen möchte und ich an der Tür stehe. Ich sehe mich also schon als sehr aufmerksam und rücksichtsvoll.

Gründe sind eben, dass ich es - wie gesagt - durch meine Heimatstadt anders gewohnt bin und tatsächlich diesmal auch mein Asperger-Syndrom bzw. allgemeine soziale Unsicherheit. Zwar bin ich wesentlich extrovertierter geworden, jedoch nutze ich diverse Möglichkeiten, bestimmten Situationen aus dem Weg zu gehen, wenn sich diese bieten. Ich fühle mich umwohl, wenn ich vorne einsteige und mich der Busfahrer ansieht.

Und hey, ich war mal Busfahrer Thorsten, also kenne ich mich bestens im Metier aus.

Zitat von »Monochrome«

Ansonsten rast unser Busfahrer ziemlich schnell. Besonders bei Kurven. Es hat mich einmal vom Sitz auf den Boden gehauen, seitdem halte ich mich immer fest.

Bei dem einen Bus, mit dem ich fahre, kommt immer eine Ansage, dass man sich festhalten soll, obwohl das womöglich die harmloseste Passage der Strecke ist und der Bus eh durch den Verkehr kaum Geschwindigkeit hat.

Gestern erwische ich gerade so noch den Bus, weil ich spät losgegangen bin, sodass mir der Fahrer beim Einsteigen ein grimmiges „Nächstes Mal 'ne Minute früher“ hinterherwirft. Heute bin ich früher da, aber der Bus taucht gar nicht erst auf, sodass ich zu spät bei der Arbeit ankommen werde. Diese Ironie.

Endlich muss ich nicht mehr den komischen Opa ertragen, der alle drei Sekunden „Scheiße“ sagt. Bestimmt Tourette oder so.

Da fährst du mal wieder mit dem Bus und direkt passiert irgendwas Bescheuertes. Ich war in Gedanken versunken, als ich plötzlich hörte, wie sich zwei ältere Frauen neben mir lautstark beschwerten und so was riefen wie „IS DAT N AUSLÄNDER ODA WAT?! DER FÄHRT FALSCH!“ Ich verstand erst gar nicht, was sie meinten und dachte, ein Autofahrer vor dem Bus würde sich dumm anstellen. Aber nein, der Busfahrer fuhr die falsche Route. Mir fiel das gar nicht auf, weil die verschiedenen Busse relativ dicht hintereinander kommen und ich mir immer aussuchen kann, in welchen ich einsteige, weil ich mit beiden Routen gleichermaßen gut mein Zuhause erreiche - also konnte es mir auch egal sein. Die restlichen Fahrgäste nahmen das jedoch gar nicht entspannt und motzten den Busfahrer in einer Tour an, was ich sehr unangenehm fand. „HABN SE DEN NICH RICHTICH EINJEWIESN ODA WAT?“ Mir tat er extrem leid. Dann gab es noch ein paar ungehobelte Kinder, die locker in die 1. oder 2. Klasse gingen, welche sich richtig cool fühlten und so was sagten wie „Alter, macht der dit noch mal, hau ick dem eine rein!“ oder „Nächstes Mal fahr ick den Bus!“ Das Balg, von dem die zweite Aussage kam, war dann selbst zu unfähig, seinen Regenschirm zu halten, welcher ihm zwei Meter nach dem Aussteigen aus der Hand fiel. So einen Grobmotoriker will ich mal hinter dem Steuer sehen.

Die ganze Szene dauerte bestimmt drei Minuten, weil der Fahrer ja erst mal langsam den Bus wenden musste. Vor allem die Ausländer-Bemerkung fand ich heftig. Da brauche ich mich ja nicht wundern, warum in meinem Bundesland die AfD ein derart gutes Wahlergebnis erzielte. Hoffentlich regnet es die nächsten Tage nicht, damit ich wieder mit dem Fahrrad fahren kann.

Heute wurde ich auf eine harte Probe gestellt. Es stieg ein Mann in den Bus, der mich begrüßte und für eine Sekunde anschaute. Ich ging davon aus, dass das ein Fahrkartenkontrolleur sei und bewegte schon meinen Arm Richtung Rucksacktasche, als er sich plötzlich auf den Sitz bei der anderen Seite vom Gang hinsetzte. Ich kam mir ein wenig dumm vor und dachte, damit wäre die Sache erledigt, doch auf einmal meinte er, er „müsse ja Abstand halten wegen des Virus“. Da war mir klar, dass er Smalltalk führen wollte, was halt überhaupt nicht mein Fall war. Ich konzentrierte mich wie üblich darauf, mit dem Handy in Discord zu schreiben, doch der Typ ließ nicht locker. Die Busansage-Stimme nannte die nächste Station, Trauerberg. Er sagte dann irgendwas von wegen „Trauerberg. Du musst ja nicht trauern. Bist ja noch jung.“, was wohl wieder eine Corona-Referenz sein sollte und mir eines von unzähligen verhaltenen „Ja…“ dieser Fahrt entlockte. „Ich bin 65. Sieht man mir wohl nicht an.“ Doch, eigentlich schon, aber ich entgegnete dem natürlich nichts. „Mit 25 war ich bei einer Wahrsagerin. Die meinte, ich werde 30. Alles Abzocke, sag ich dir.“ Seine Gesprächsthemen wurden also skurriler. Die Busstimme sagte, wir sollen uns festhalten. „Ja, wir halten uns fest. Du an deinem Handy. Und deiner Tasche, hahaha.“, gefolgt von „Ui, wir werden ja durchgeschüttelt.“, als der Bus ein wenig ruckelte. Etwas später fragte er „Schreibst du da mit jemandem?“ Dann telefonierte er mit einem Freund, den er treffen will. Und danach erzählte er im exakt gleichen Wortlaut schon wieder, dass er 65 ist, man ihm das wohl nicht ansieht, er mit 25 bei einer Wahrsagerin war und dies Abzocke ist. Diesmal sollte er allerdings 130 statt 30 werden. Entweder hatte ich mich beim ersten Mal verhört oder er versprach sich. Schließlich verließ er den Bus und ich war erleichtert. Ich denke, er hatte eine geistige Beeinträchtigung, daher denke ich auch nicht schlecht über ihn. Für mich als Anti-Social-Typ war das jedenfalls eine enorme Herausforderung.

Da muss man nach 467368547 Jahren mal wieder morgens mit dem Bus zur Arbeit fahren, aber hey, dann kommt er einfach nicht, sodass man den nächsten nehmen muss und zu spät zum ersten Gesprächstermin kommen wird, ist das lustig.

Da steh ich extra früh auf, geh geistig 50 Mal alles durch, ob ich wirklich nichts vergessen habe und darf mich gleich trotzdem den gesamten beschissenen Arbeitstag so fühlen, als hätte ich was falsch gemacht, weil ich das meinem Chef und meinen Kollegen irgendwie erklären muss. Hab zwar mit dem Handy noch ein Bild von der Haltestelle gemacht, aber das ist ja nicht wirklich aussagekräftig. Oder ich zeig meinen Rant hier.