Also zunächst einmal finde ich, dass man klar differenzieren kann und auch sollte, ob man über das Jahr aus persönlicher oder genereller, bzw. öffentlichkeitsbezogener Sicht spricht.
Dass dein 2016 toll war ist ja schön und gut - aber leider meiner Meinung nach in diesem Kontext irrelevant.
Wenn die Öffentlichkeit über 2016 spricht ist klar, dass sich niemand auf persönliche Erfahrungen, sondern auf das weltweite Geschehen bezieht, und unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, war 2016 meiner Meinung nach ein beschissenes Jahr und ehrlich gesagt bin ich erschüttert darüber, dass einige Menschen anders darüber denken.
Er ist zwar nicht perfekt gewesen, doch eine Frage ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Ist es ethnisch vertretbar, den Wert eines Menschenlebens anhand der Anzahl der Betroffenen zu bestimmen? Um es mal auf das Thema mit den Jahren zu beziehen: Kann man sagen, dass 2016 schrecklicker war als die Jahre zuvor, nur weil häufiger etwas Negatives passierte? Ja, es sind berühmte Personen gestorben. Aber so ist das jedes Jahr. Ja, es gab Terroranschläge. Aber so ist da jedes Jahr. Zu sagen, dass nur die Quantität entscheidend ist, halte ich für eine extrem unausgewogene Sichtweise.
Ja, jedes Jahr passieren schlimme Dinge. Und damit rechnen die Menschen auch. Nur ist dieses Jahr derart viel Unheil auf der Welt passiert, dass niemand die Anschläge mehr als "Kollateralschaden" verbuchen und ein Auge zudrücken kann. (Ja, die Tatsache dass einiges in Europa stattgefunden hat, spielt auch eine Rolle, aber darauf komme ich später noch zu sprechen) Und vorallen Dingen geht es überhaupt nicht um die Quantität als simple Anhäufung von Toten, sondern als Erstarkung des IS und des weltweiten Terrors. Genau wie es nicht nur um die Toten an sich geht, sondern um die Zerstörung von Millionen Menschenleben im Nahen Osten. (----> ja, Flüchtlinge gab es schon immer und in den letzten 10 Jahren auch vermehrt aus dem Nahen Osten aber Anfang diesen Jahres hat das Phänomen eine Tragweite erreicht, die einfach nicht mit der der letzten Jahre in eine Schublade zu stecken ist) Außerdem ist für viele Menschen auch der Einzug der AfD in diverse Landtage oder Trumps Wahlsieg ein wichtiger Faktor, um 2016 scheiße zu finden. (Mir selbst war es während der Wahl weitestgehend egal, da ich beide schrecklich finde, Hillary aber für potenziell gefährlicher gehalten habe, sehe das seit der Bekanntgabe von Trumps Kabinett aber auch ein bisschen anders)
2. Terroranschläge: In der Wikipedia-Liste der Terroranschläge im 21. Jahrhundert ist die Hälfte von 2016. ABER 95% davon sind genau in den Gebieten, bei denen es die Heulenden nicht annähernd interessiert. Von den beiden schlimmsten mit 300 und 100 Toten zum Beispiel wurde nichtmal wirklich in den Medien berichtet. Ansonsten bleibt nicht mehr viel, auffallend ist nur, dass es mehr Anschläge und Anschlagsversuche in Deutschland gab als zuvor. Es scheint so zu sein: Ist es ein großer Anschlag in Asien oder Afrika: Vollkommen unwichtig. Ein größerer in Europa, USA, Australien (Nizza, Brüssel): Ein paar #Prayfor-Hashtags sind angebracht, aber dann schnell vergessen. Ist es irgendetwas vom gescheiterten Anschlagsversuch bis zum größeren Anschlag in Deutschland: Die Welt geht unter, das Jahr ist scheiße, die Welt ist scheiße, es ist alles noch viel schlimmer als früher.
Woher willst du denn bitte wissen, dass die Menschen nur wegen der Anschläge in Europa und in den USA über den Terror reden, wenn es auch insgesamt mehr als viermal so viele Terroranschläge in diesem Jahr in als 2015 gab? (Und damit einhergehend auch etwa viermal so viele Anschläge in Europa und co, sag also nicht "auffallend ist nur, dass e mehr Anschläge und Anschlagsversuche in Deutschland gab als jemals zuvor" ja, logischerweise blieb auch Deutschland nicht von dem
starken, weltweiten Terrorwachstum verschont)
Also ich weiß ja nicht, welche Medien du genau verfolgst, aber mir waren die erwähnten Anschläge schon am gleichen Tag bekannt.
Und wie sollen die Menschen auch anders reagieren? Sollen sie bei jedem Anschlag anfangen zu heulen, egal wo er stattfindet? Es ist schlichtweg nicht möglich (und es wär auch ungesund) jedem Anschlag die gleiche Anteilnahme zu zeigen, und es ist auch verständlich, dass man mehr Anteilnahme zeigt, weil man sich mehr davon betroffen fühlt, bzw. größere Angst bekommt, selbst unter dem Terror leiden zu müssen.
Ich weiß überhaupt nicht, worüber du dich aufregst. Die meisten Menschen die sich darüber aufregen, dass sich die Menschen in Deutschland zu wenig um die Anschläge im Nahen Osten scheren, finden, dass dem Thema nicht genug, bzw. auf unmenschliche oder egoistische Art und Weise Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das finde ich noch irgendwo nachvollziehbar, wenn auch kurzsichtig, aber du scheinst dich einfach nur darüber aufzuregen, dass die Leute überhaupt Anteilnahme zeigen, also erzähl uns doch bitte: Wie sollen die Menschen denn deiner Meinung nach mit dem Terror umgehen? Wann haben sie die Erlaubnis sich betroffen zu fühlen und wann nicht? Ab wann darf man sagen, dass der Terror 2016 runterzieht? Wenn du den Anschein erwecken wolltest, dass dir das gesamte Thema am Arsch vorbeigeht, dann hast du das hiermit geschafft, meinen herzlichen Glückwunsch.
Ich möchte ausserdem bemerken, dass für diese Leute Tote durch Terror „wichtiger“ sind als Tote durch Unfälle. Nehmen wir mal an, in Nizza wäre einfach ein Flugzeug abgestürzt. Ob es da Beileidsbekundungen und #prayfor-Hashtags gäbe? Bestimmt, aber wesentlich weniger als sonst. Ich will das jetzt nicht be- oder verurteilen, aber sind nicht beide Sachen gleichermaßen tragisch? Klar, bei einem Terroranschlag ist die Gefahr der Wiederholung größer, aber die Toten an sich sind doch genauso unschuldig gestorben und bedauernswert?
Ja. Weil es auch erwähnenswerter, oder wie du sagst, "wichtiger" ist.
Unfälle können immer passieren, sie sind schon immer passiert und sie werden auch immer passieren. Aber sie sind nichts weiter als das - Unfälle, unvorhersehbare Ereignisse, bei denen Menschen ohne Zutun eines anderen Menschen, oder aus der Motivation einer Organisation heraus, sterben
Ein Terroranschlag ist die gezielte Tötung eines oder mehrerer Menschen um seine politischen Ideale voranzutreiben. Und wenn sich dieses Phänomen extrem anhäuft, in diesem Falle bestimmte Organisationen und politische Motive an Stärke gewinnen, deren Ziel eben mitunter das Töten von Menschen ist, dann ist das einfach sehr viel erwähnenswerter, unter anderem auch weil es im Gegensatz zum Unfall politische, bzw. gesellschaftliche Auswirkungen hat, und besorgniserregender als ein Unfall.