Ich verstehe aber noch immer nicht deine Auffassung, dass man bei so langfristigen Projekten ständig auch die "neu hinzugekommenen" Leute befragen zu müssen (also alle Leute, die jetzt so zwischen 20 und 30 Jahre alt sind). Das ist irgendwie nicht sinnvoll, weil man dann so ziemlich jedes langfristige Projekt direkt vergessen könnte, wenn man alle 10 Jahre eine neue Grundgesamtheit hat, die befragt werden muss.
Wenn man 20 Jahre ein Projekt plant und zu dem Zeitpunkt, ab dem man beginnen will, sich die Bevölkerung inzwischen gegen das Projekt wendet, ist es für die Demokratie ein Schlag ins Gesicht, weiter zu machen, angesichts dessen, dass der Wille des Volkes dazu niemals eingeholt wurde. Oder ist dir zufällig ein Volksentscheid von 1991 zu dem Thema bekannt?
Hätte man sich damals in einem Volksentscheid pro S21 entschieden, so würde ich zugeben, dass wir da einen Konflikt zwischen zwei volldemokratischen Entscheidungen haben, aber in
diesem Fall müssen können wir sehr leicht zwischen der Höhe der demokratischen Legitimation damals vs. heute abwägen.
S21 hatte damals nur eine repräsentative Zustimmung hatte, wohingegen ein heutiger Volksentscheid - also die Entscheidung des offiziellen Souveräns - hundertmal besser demokratisch legitimiert wäre.
Und dass man im Übrigen überhaupt erst auf die Idee eines heutigen Volksentscheids kommt, ist ja durch den massiven Widerstand in der Bevölkerung legitimiert.
Und diesen zu diskreditieren "wärt ihr mal vor 20 jahren gekommen", was du ja wolltest, das kann es einfach nicht sein. Begründung dafür habe ich ja in meinem letzten Beitrag genannt.
Menschen treffen auch mal dumme Entscheidungen und damit müsse man leben. Gut! Dann ist Stuttgart 21 damals halt auch von den damals entscheidungsbefugten Menschen beschlossen worden und wenn es halt in 10 Jahren rauskommt, dass es dumm war - dann war es halt dumm, aber muss von allen mitgetragen werden.
Du beziehst die dummen Entscheidungen anders als ich auf die Politker statt auf das Volk.
Ich sagte, wer sich für eine reale Volksherrschaft entscheidet, der muss mit den Entscheidungen klarkommen.
Dass die Politiker dumme Entscheidungen treffen (wenn man es also auf
unser repräsentatives System anwendet), ist gemäß dieser Äußerung nur in dem Fall abgedeckt, dass die Entscheidungen der Politiker auch die des Volks sind.
Und da sind wir wieder bei meinem vorigen Argument, dass der Volksentscheid die höchste demokratische Legitimation hat und darunter erst die Politik der Volksvertreter kommt.
Und seien wir mal ehrlich, in Deutschland haben wir weit mehr Demokratie als in den meisten anderen Ländern dieser Welt und zu sagen, hier würde die Demokratie abgeschafft werden oder so - das ist in meinen Augen schlicht falsch.
Verglichen mit einigen arabischen Ländern sind diese Länder ein Gefängnis.
Verglichen mit z.B. der Schweiz ist Deutschland ein Gefängnis.
Allerdings ist Deutschland auf dieser Welt eines der viel besseren Gefängnisse.
Wenn ich sehe, wie sich die sogenannten Demonstranten verhalten, dann frage ich mich, ob die überhaupt wissen, worum es geht. Da wurden den Polizeiwagen Reifen aufgeschlitzt und Polizisten auf das Übelste beschimpft. Die Polizisten! Die wurden hingestellt, dass sie das Projekt unterstützen. Dabei tun die einfach nur ihre Arbeit.
Diesen Vorfall kann ich nicht beurteilen - mag sein, dass es da einige kriminalgetriebene gibt, die aber sicherlich einen Extremfall ausmachen.
Oder soll man seit neuem wegen der Möglichkeit, dass jeder Verbrechen begehen kann, gegen die Freiheit antreten und diese verantwortlich machen?
Und dass die Polizei einfach nur ihre Arbeit tut, stimmt auch nicht immer. Ich verweise da unter anderem auf den 30.09. - Polizeigewalt auf unschuldige Demonstranten. Solche Dinge hört man auch immer wieder. Nicht selten werden sogar Agent Provokateure eingesetzt, die wie der Name schon sagt Ausschreitungen provozieren. Da läuft ein "wütender Demonstrand" mit Pfefferspray durch die Menge und greift die Polizei an, irgendwann später sieht man den gleichen Typen wieder hinter der Absperrung, wie er einigen Polizeikollegen die Hand schüttelt und die miteinander reden. Die Tagesschau-Kamera hat nur den ersten Teil gebracht - kann ja auch nicht alles mitbekommen. Aber hunderte persönliche Kameras können eben schon eine Menge mehr dokumentieren, was einem sonst engeht.
Auch hier gibt es also Dinge, die eigentlich nicht geschehen dürften.
Bei einem wütenden Bürgermob aber sind kriminelle Vorfälle noch einmal was anderes als beim Hüter von Recht und Ordnung. Von der Polizei DARF man so etwas einfach nicht erwarten!
Wenn ich höre, was die "Demonstranten", die ja den tollen Schlosspark (oder wie genau der Garten da genannt wird) schützen wollen, ihre Zeltburgen da aufbauen und das gesamte Gelände in ein von Urin und anderen Exkrementen stinkendes Areal verwandeln und mit ihrer modernen Form der Gebietsbesetzung die gesamte Grünfläche in einen Schlammpfuhl verwandeln.
Ungünstiger Nebeneffekt natürlich, aber immer noch besser eine Natur mit nicht immer schönen Spuren ökologisch lebender Menschen als die Zerstörung der Natur durch die Bauindustrie. Camping in der freien Natur hat zumindest noch nie so arg geschadet wie Letzteres.
Die Bahn hätte ihren Anspruch übrigens auch einfach durchsetzen können, aber nee, sie hat sogar ein Schlichtungsverfahren aufgezogen. Wo fehlt dir jetzt die Demokratie an dieser Stelle?
Auch wieder etwas, wo ich mich an den Kopf fasse: Dauernd liest man in dieser Zeit, die Schlichtung von Heiner Geißler sei ein demokratischer Meilenstein oder sowas ähnliches.
Demokratie, wie sie unsere freiheitlich-demokratischen Grundordnung definiert, geht aber nicht nach dem Konsensprinzip, sondern dem Mehrheitsprinzip! Mag sein, dass es in irgendwelchen Ländern anders gehabt wird, aber in
Deutschland ist immer noch das Mehrheitsprinzip vorgesehen und das ist auch gut so.
Darüber hinaus ist die Schlichtung auch wieder nur eine Repräsentation. Nur durften diesmal Befürworter und Gegner reden und am Schluss hat ein Heiner Geißler (der nicht vom Volk gewählt wurde o.ä. und mit dem sicherlich nicht alle Demonstranden einverstanden waren) über alles gerichtet.
Diese Diskussion repräsentiert noch nicht einmal unser repräsentatives System, geschweigedenn eine direkte Volksentscheidung.
Und du meinst, Demokratie ist mit einer Schlichtung erfüllt?
Wenn ich (mal ganz allgemein) eine Minderheitsmeinung vertreten würde und mir die Mehrheit nicht passt, dürfte ich also auch einfach eine Schlichtung anstoßen und wir setzen uns über die Mehrheit hinweg?
Wir haben keinen Volksentscheid gehabt und die demokratische Legitimation des Projekts ist umstritten. Eine Volksherrschaft sieht so nicht aus.
Aber das ist nicht nur eine Angelegenheit bei DIESER Entscheidung, sondern wie gesagt eine Angelegenheit, die das gesamte System betrifft, da man das von jeder repräsentativen Entscheidung sagen kann.