Ich spiele derzeit Pokémon Smaragd auf meinem gehackten SNES Classic Mini und da ich sonst kein Outlet habe, wo ich meine ausführlichen Gedanken dazu teilen kann, dachte ich mir, ich mache das einfach hier. Ich habe heute Nachmittag den 5. Orden geholt und will mal darüber berichten, was mir während dem Spielen so aufgefallen ist.
Dazu sei gesagt: Das letzte Mal, dass ich irgendein Pokemon-Spiel gespielt habe, war Ende 2016 zum Release von Sonne/Mond, und die beiden Editionen habe ich aber nicht zuende gespielt.
Das letzte Mal, dass ich ein Pokemon-Spiel DURCHgespielt habe, dürfte zum Release von X/Y gewesen sein, also 2013.
Und das letzte Mal, dass ich ein Spiel aus der 3. Generation gespielt habe, dürfte jetzt schon über 10 Jahre her sein und ich kann mich dementsprechend nicht mehr im Detail an alles erinnern.
Gerade deshalb ist mir beim Spielen von Smaragd aufgefallen, wie stark sich die Pokemon-Hauptspiele über die Zeit verändert haben, im Guten wie im Schlechten.
Zuerst zum “Negativen” (wobei das meiste davon nicht so schlimm ist): Ich bin echt überrascht, wie umständlich und wie wenig gestreamlined die alten Pokemon-Spiele im Vergleich zu den heutigen sind. Es ist ja klar, dass im Laufe der Zeit ein paar QoL-Features eingebaut wurden, aber was in der 3. Generation teilweise alles gar nicht oder nur umständlich möglich ist, hatte ich echt nicht mehr im Kopf. Das Gamedesign ist aus heutiger Sicht in manchen Aspekten auch einfach schlecht. Ein paar Beispiele:
- Der Beutel hat nur eine begrenzte Anzahl Plätze, sodass man seine Items ständig micromanagen muss.
- Viele Routen haben ein nerviges Design, überall gibt es Vorsprünge, Zerschneiderbäume, Zertrümmererfelsen etc.
- Es gibt generell viel zu viele VMs, die teilweise einfach nur auf den Sack gehen, und man kann sie nichtmal ohne weiteres wieder verlernen lassen.
- Man kann TMs völlig sinnloserweise nur 1x benutzen, und da es die meisten TMs nur einmal pro Spielstand überhaupt gibt, traut man sich kaum, sie einzusetzen.
- Irgendwie hat jeder Trainer die gleichen 5 Pokemon. Jeder einzelne Scheiß Wanderer hat mindestens zwei Kleinstein, jeder Trainer auf dem Radweg hat ein Magnetilo etc. Es gibt Angler mit 6x Karpador, die alle nix anderes können als Platscher. Dieser Aspekt ist jetzt nicht so gravierend, aber das ist mir früher nie aufgefallen und ich bin irgendwie sehr überrascht, wie langweilig die Random-Trainer eigentlich sind.
Manche dieser Design-Entscheidungen kann ich irgendwo nachvollziehen bzw. sind sie wahrscheinlich ein Produkt ihrer Zeit (die Beutelgröße hat vielleicht was mit der begrenzten GBA-Hardwarekapazität zu tun). Aber bei manchen Sachen fragt man sich wirklich, was die Affenschei$$e soll. Warum kann man z. B. VMs nicht auf normalem Wege verlernen, sondern muss irgendeinen Attacken-Verlerner aufsuchen, zu dem man den Großteil des Spiels keinen Zugang hat? Zumal es ja tausend VMs gibt die man ständig irgendwo benötigt? Und wieso gibt es nur so wenig Variation bei den gegnerischen Pokemon? In der 3. Generation gab es doch schon weit über 300 Pokemon, es gibt doch wirklich keinen Grund, den Spieler 100x gegen Kleinstein kämpfen zu lassen.
Wobei ich nochmal betonen möchte, dass das meiste davon eigentlich nicht so dramatisch ist. Aber nach 10 Jahren ohne Kontakt zu den alten Gens fällt schon deutlich auf, dass die neueren Generationen (Gen 5 +) vom generellen Feeling her deutlich angenehmer zu Spielen sind. In Smaragd fühlen sich auch viele Kleinigkeit so unnötig kompliziert an: Wenn der Schutz abläuft, kriegt man nicht angeboten, einen weiteren einzusetzen, sondern muss im Beutel wühlen. Oder die Sache mit den Fahrrädern: Es gibt zwei verschiedene Fahrräder, die jeweils andere Fähigkeiten haben, die man teilweise braucht um bestimmte Orte zu erreichen, aber man kann nur an einem bestimmten Ort die Fahrräder wechseln. Bereits in Gen 4 hat man das dann (zurecht) so gestreamlined, dass es nur noch ein Fahrrad für alles gibt, weil dieses 2-Fahrrad-System auch einfach nur nervig ist.
Allerdings sind mir auch Dinge aufgefallen, die mich positiv überrascht haben und die sich in meinen Augen in den neueren Generationen verschlechtert haben:
Zum einen wäre da das Thema “Gelaber”. Ich habe ja oben gesagt, dass die neuen Generationen viele Gameplay-Aspekte gestreamlined haben, aber ich finde beim Thema Dialoge ist es genau gegenteilig: Es gibt in den neueren Spielen viel mehr Text, der aber oft keinen Mehrwert hat und die Spiele unnötig in die länge zieht. Natürlich gab es in Pokemon-Spielen schon immer viele Dialoge, aber in Smaragd habe ich zu keiner Zeit das Gefühl, dass meine Lebenszeit mit unnötigem Gelaber verschwendet wird. Man bekommt immer mitgeteilt, was man als Nächstes zu tun hat, aber ohne, dass man zu sehr an die Hand genommen wird. Die Story (Team Aqua/Magma) wird auch ohne viele Ausschweifungen erzählt und ist nicht so in-your-face wie in den neuen Spielen. In diesem Aspekt empfinde ich Gen 3 als sehr angenehm.
Was mir in diesem Zusammenhang auch extrem positiv aufgefallen ist, ist dass man nur selten durch plötzlich auftauchende Charaktere aus seinem Spielfluss gerissen wird. Hin und wieder taucht mal der Rivale oder ein Prof. Birk auf, okay, aber in den neuen Spielen muss man ja im Grunde beim betreten jeder einzelnen neuen Route damit rechnen, dass man von irgendwelchen Nebencharakteren aufgehalten wird und sich durch einen Dialog klicken muss.
Der zweite große Punkt hier ist die allgemeine Schwierigkeit. Dass Pokemon immer einfacher wird, ist ja nicht zu leugnen (man muss sich bloß mal die Entwicklung des EP-Teilers anschauen), aber ich war schon überrascht, wie sehr Smaragd es in sich hat. Ich war z.B. direkt bei der ersten Arena völlig aufgeschmissen, weil meine Pokemon keine einzige sehr effektive Attacke gegen Gestein-Pokemon hatten. Ich musste dann irgendwo ein Marill fangen und es fünf Level im hohen Gras hochgrinden, um die Arena zu schaffen. Gut, in diesem Fall kann man mir natürlich auch ankreiden, dass ich nicht gut vorbereitet war - aber für die zweite und vierte Arena war ich besser vorbereitet, und die musste ich auch mehrfach versuchen, bevor ich siegen konnte.
Generell sind alle bisherigen Kämpfe gegen Arenaleiter (und auch die (Boss)kämpfe gegen Rivalen + Aqua/Magma-Bosse) echt schwierig gewesen. So trivial wie die Random-Trainer auch sind, die Arenaleiter stellen den Spieler echt vor Herausforderungen und warten selbst dann noch mit Überraschungen auf, wenn man gut vorbereitet ist. Und das sorgt für Spannung und ist generell einfach super. Im Gegensatz dazu sind in allen Spielen seit X/Y halt selbst die Arenaleiter sehr leicht zu besiegen.
Die Schwierigkeit kommt meines Erachtens nach vor allem durch zwei Aspekte: Zum einen sind die gegnerischen Pokemon in den Arenaleiterbattles ziemlich hoch gelevelt. Während man in den neuen Generationen auch ohne Grinden ständig überlevelt ist, hängt man in Smaragd teilweise leveltechnisch hinterher, obwohl man alle Trainerbattles mitnimmt. In der vierten Arena gibts z. B. ein Qurtel Lv. 29, mein eigenes Team war derweil so ca. auf Lv. 26. Der zweite Punkt ist, dass Arenaleiter für Überraschungen gut sind und sogar Items richtig einsetzen (!!!). Besagtes Qurtel hatte z.B. irgendeine Beere, die die negative Statusveränderung von Hitzekoller wieder rückgängig machte. Das hab ich null erwartet, weil es sowas in späterens Gens auch einfach nicht mehr gibt.
Tl;dr: In Gen 3 war nicht alles super und viele Spielmechaniken sind aus heutiger Sicht nicht mehr so geil, aber das Gesamtpaket schmeckt mir dennoch gut und ich habe überraschend viel Spaß beim Durchspielen. vor allem die schwierigen Arenaleiterkämpfe motivieren dazu, jeden Trainer auf dem Weg mitzunehmen.
Interessanterweise hatte ich sowohl die negativen Punkte als auch die positiven Punkte weniger drastisch in Erinnerung, als ich sie jetzt wahrnehme. Vielleicht mache ich ja nochmal nen Post, wenn ich das Spiel durchgespielt habe und mir noch irgendwas ein- oder aufgefallen ist.
Und noch kurz mein derzeitiges Team: Jungglut, Schwalboss, Golbat, Kapilz, Stollunior (namens “King Steel”, in Anlehnung an unseren Lieblings-Fangeschichtenautor) und Geradaks (VM-Sklave).