Die letzten drei Monate musste ich im Rahmen meiner Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement ein Praktikum in einem richtigen Unternehmen absolvieren. Ich habe bewusst bis zu diesem Post kein Sterbenswörtchen darüber verloren, weil ich nicht wie damals bei meinem Online-Studium darüber berichten wollte, nur, um dann festzustellen, dass es nichts taugt und ich doch einen anderen Weg einschlage. Und es hat sich gelohnt, bis heute zu warten, denn jetzt kann ich die geballte Ladung Irrsinn auf einmal verschießen. Was ich dort erlebt habe, hat mich mehr als nur einmal sprachlos gemacht.
Bevor ich ins Detail gehe, sollte ich wohl erst mal erwähnen, was ich bei meiner Arbeit überhaupt zu tun hatte. Es war ein Bekleidungsunternehmen für Aufsichten und Sicherheitsmitarbeiter von Schlössern, sprich, ich war dafür zuständig, die neuen Mitarbeiter einzukleiden und sonstige Verwaltungsaufgaben zu übernehmen. Da ich selbstverständlich keine vollständigen Namen nennen kann, möchte ich meine beiden Chefinnen mal als Frau M. und Frau L. bezeichnen.
Das einzig Positive zuerst: Das Praktikum hat mir tatsächlich etliche Kniffe gebracht, welche ich für mein zukünftiges Berufsleben nutzen kann.
Jetzt aber zu der schier endlosen Menge an Bullshit, welche sich zugetragen hat. Ich weiß fast gar nicht, wo ich anfangen soll. Es ging eigentlich schon am ersten Tag los. Da ich noch ein paar Vorkehrungen in meinem hauptsächlichen Ausbildungsbetrieb treffen musste, schrieb ich eine E-Mail an Frau L., ob ich denn um 9:00 Uhr erscheinen kann, was mir gewährt wurde. Als ich dann um 9:00 Uhr da war, wurde ich plötzlich von Frau M. gefragt, warum ich denn nicht schon um 8:00 Uhr da war, worauf ich entgegnete, dass mir Frau L. erlaubt hat, zwecks Vorbereitungen erst um 9:00 Uhr zu kommen. Jetzt dürfte man meinen, dass das keine große Sache mehr gewesen sein sollte. Von wegen. Die ersten zwei bis drei Wochen wurde ich ständig von Frau M. aufgezogen, dass ich ja an meinem ersten Tag eine Stunde später begann. War das denn meine Schuld, wenn die sich nicht vernünftig absprechen konnten und Frau L. meinen Vorschlag annahm?
Aber der Wahnsinn ging weiter. An einem Tag, als ich einen riesigen Berg an gelieferter Bekleidung kontrollieren musste, fiel ein winziger Zettel auf den Boden. Da er hinter mir lag und ich damit beschäftigt war, auf dem Tisch die Bekleidung durchzugehen, konnte ich ihn von meiner Position aus nicht sehen. Frau M., deren Arbeitsplatz gegenüber von mir war, hatte natürlich freie Sicht und meinte, mich kritisieren zu müssen, warum ich denn den Zettel nicht aufhebe. Wie hätte ich den denn sehen sollen, wenn ich mich auf was völlig anderes konzentriere? Ich habe keine Augen auf dem Hinterkopf.
Noch bescheuerter war jedoch, als sie mich ermahnte, ich soll die Laufwege freihalten, damit niemand stolpern kann. Kein Witz: Damit hat sie eine Kiste gemeint, die ca. 2-3 cm (!) von der Wand entfernt stand. Da passte gerade mal eine Hand zwischen. Die Frau konnte sich noch nicht mal an ihre eigenen Regeln halten: Zwar kritisierte sie, dass ich Schränke nicht offen lassen soll, wenn ich gerade nicht bei ihnen stehe, aber ich konnte oft genug beobachten, dass sie das selbst tat.
Des Weiteren hat sie mir hin und wieder gesagt, ich hätte irgendwas vergessen oder falsch gemacht, wenn ich ihr bearbeitete Unterlagen zur Kontrolle überreicht hatte. Jedes Mal hat sie dann festgestellt, dass es sie war, die nicht richtig geschaut hat und ich meine Arbeit korrekt ausgeführt hatte. Aber es passierte halt immer und immer wieder. Also spätestens nach dem dritten oder vierten Mal sollte man sich doch fragen, ob man nicht selbst was übersieht statt andauernd den anderen zu beschuldigen. Auf die Spitze getrieben wurde das, als bei einer gelieferten Bestellung eine leere Tüte dabei war. Frau M. behauptete, dass es nicht sein kann, dass leere Tüten dabei sind und ich hatte die ganze Zeit versucht, ihr zu erklären, dass ich damit nichts zu tun habe. Den "Beweis" hatte ich, als ein paar Wochen später das Gleiche passierte. Da konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen.
Im Allgemeinen konnte man ansonsten mit Frau M. ganz gut auskommen, aber wann immer sie im Stress bzw. ungeduldig war, legte sie eine schroffe Art an den Tag. Ich würde nicht so weit gehen, dass ihre Antworten pampig waren, jedoch war sie halt ein wenig grob. Dies bekamen sogar des Öfteren die Sicherheitsmitarbeiter mit, welche ja zur Einkleidung dort waren. Wann immer ich mit diesen Mitarbeitern ohne Frau M. in der Kleiderkammer war (das ist der Keller mit der Bekleidung zur Anprobe), haben mich diese Leute gestärkt und es war deutlich zu spüren, wie sie die Art von Frau M. selbst nicht guthießen. Da wusste ich, dass ich nicht der Einzige war, der so dachte. Hier war der krasseste Vorfall, als ich meinen allerersten Einkleidungs-Auftrag hatte. Eine geschlagene Stunde lang musste ich etliche Kleidungsstücke für eine mir völlig fremde Person zusammensuchen. Es war eine extreme Konzentrationsaufgabe, nichts falsch zu machen. Dennoch fand Frau M. im Büro genug, um mich vor den Augen des Mitarbeiters in Grund und Boden zu kritisieren. Überrascht hat mich, dass sie selbst zugab, oft zu streng zu sein, wenn sie gestresst ist. Das rechne ich ihr hoch an.
Eine ganze Weile dachte ich, dass es schlimmer als Frau M. nicht geht. Aber ich lag falsch. Frau L. war die eigentliche Person, bei welcher ich immer wieder dachte: „Wollen Sie mich verarschen?“
Bei ihrer ersten Aufgabe sollte ich ein Formular mit Angaben ausfüllen. Als ich ein paar Fragen zur Formatierung hatte, entgegnete sie nur, dass sie davon keine Ahnung hat und ich das selbst irgendwie lösen sollte. Da war mir gleich klar, dass sie die Grundeinstellung hat, Praktikanten müssten jeden Scheiß machen – egal, wie dumm er ist. Das Härteste, was sie sich in dieser Hinsicht herausgenommen hat, war, als ich ein paar Dokumente in die Hand bekam und diese einem anderen Mitarbeiter auf den Tisch legen sollte. Und ich übertreibe nicht: Das Büro dieses Mitarbeiters war drei Schritte von dem Punkt entfernt, an dem wir standen. Sie war zu faul, drei Schritte zu laufen, um das selbst zu erledigen.
Dann sollte ich für sie ein zweiseitiges Schreiben erstellen. Schön und gut, mit Rechtschreibung und Grammatik habe ich es ja. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, beim Durchlesen den halben Text anzustreichen. Als ich auf ihre Wünsche einging und ihr die vermeintliche Endfassung zeigte, strich sie plötzlich erneut etliche Passagen an. Und dieses Spiel wiederholte sich ungelogen zehn Mal. Selbst die zweite Seite, bei der sie zunächst gar nichts auszusetzen hatte, wurde mittendrin mit dem Korrekturstrift traktiert. Sie war überhaupt nicht mit sich im Reinen, wie sie es nun formuliert haben wollte und musste ständig was ändern, was sie bei den Fassungen davor gar nicht störte. Das Highlight war, als sie behauptete, „dienstags und donnerstags“ sei falsch, es müsse „Dienstags und Donnerstags“ heißen. Ich sagte ihr zwar, dass ich mir sehr sicher bin, dass dem nicht so ist, aber sie googelte danach und rief obendrein Frau M. an.
Aber das war alles noch harmlos. Richtig unverschämt wurde sie, als ich einen Ordner für ein paar Unterlagen anlegen sollte. Da ich nicht ganz verstanden hatte, welche Unterlagen sie meinte, antwortete sie, dass es alle Dokumente ab 2017 sind. Jetzt sollte man denken, dass die Sache damit geklärt war. Doch die Frau besaß dann ernsthaft die Dreistigkeit, sich zunächst das Lachen verkneifen zu müssen, den Ordner zu öffnen und auf jedes einzelne Dokument (!) zu tippen, welches mit 2017 datiert ist. Sie hat mich regelrecht als Idioten hingestellt und ich habe innerlich vor Wut gekocht. Selbstverständlich hatte ich das nicht nach außen getragen und so getan, als wäre ich ja nun so unfassbar erhellt und würde die Aufgabe mit Freude ausführen.
Ähnlich verhielt es sich, als ich einen Flyer erstellen musste. Weil ich etwas Probleme mit der räumlichen Vorstellung hatte, auf welche Flächen welche Textbausteine gehören, damit beim Falten alles perfekt aufgeht, bat ich sie um Rat. Und wieder entwich ihr ein kurzes Lachen, den Rest unterdrückte sie. Blöd nur für sie, dass sie dann beim Erklären selbst durcheinander kam und sich damit nicht besser anstellte. Ich hatte es dann relativ schnell geschnallt und mir innerlich selbst einen abgelacht, weil sie von ihrem hohen Ross fiel.
Es sollte jedoch nicht der letzte Vorfall dieser Art gewesen sein. Letzte Woche musste ich einen Selbsteinschätzungsbogen für meinen Ausbildungsbetrieb ausfüllen. Frau L. meinte, dass ich auch Frau M. zeigen sollte, wie ich meine Arbeit bewertet hatte. Während wir zum Büro von Frau M. gingen, schaute Frau L. sich hinter mir an, wo ich die Kreuze auf dem Selbsteinschätzungsbogen gesetzt hatte und erneut musste sie ein Lachen unterdrücken. Top Motivation, hinter dem Rücken ausgelacht zu werden, wie man seine Arbeit bewertet hat, oder?
Apropos Selbsteinschätzungsbogen: Das Auswertungsgespräch heute war der Gipfel. Ich hatte ja schon vorher geahnt, dass da nichts Sinnvolles rausspringen kann, aber was nun konkret beanstandet wurde, hat mich dennoch schockiert.
Zuerst wurde gesagt, dass ich meine Kommunikations- und Kontaktfähigkeiten verbessern muss. Als ich fragte, was damit genau nicht stimmt, hielt Frau L. einen fünfminütigen Monolog, dass man nicht in meinen Kopf hineinschauen kann und man nie versteht, was ich nun genau von einem möchte. Selten so einen Schwachsinn gehört. Wann immer ich eine Frage hatte, habe ich diese sofort gestellt. Mir ist allerdings in der Tat aufgefallen, dass Frau M. oft nicht ganz klar war, was ich von ihr wollte. ABER: Das war vorher nirgendwo sonst so. Nicht bei den Praktika während meiner Gymnasialzeit, nicht in der Schule, nicht im Ausbildungsbetrieb. Oder kapiert ihr in meinen Battlen-Videos nicht, was ich erzähle? Es bleibt also nur noch, dass es lediglich bei diesem Unternehmen Verständigungsschwierigkeiten gab. Warum auch immer. Meine Theorie ist ja, dass Frau M. und Frau L. das auf mein Asperger-Syndrom auslegen wollten, was halt idiotisch ist, weil ich völlig anders als viele Menschen mit dieser Einschränkung bin. Abgesehen davon: Würde es überhaupt verwundern, dass ich nicht mit denen reden will, wenn die Top 3-Antworten sind:
- „Ist mir egal, wie Sie das machen.“
(Geile Hilfe!)
- „Ich habe Ihnen die Aufgabe nicht gegeben, da müssen Sie schon jemand anderen fragen.“
(Schon klar, aber erstens werden Sie das auch wissen und zweitens kann man die Frage wohl in drei Sekunden beantworten.)
- „Hallo, ich bin Frau L. und amüsiere mich jedes Mal, wenn Sie mich was fragen.“ (
)
Der nächste Kritikpunkt war der Oberhammer: Mein Tempo. Und nein, damit ich nicht unbedingt mein Arbeitstempo, denn das wurde von Frau M. als ganz gut eingestuft - mit dem Zusatz, dass ich mir zwar etwas Zeit nehme, dafür jedoch sorgfältig bin und meine Fehlerquote dadurch niedriger ist. Nein, mir wurde ohne Scheiß gesagt, ich laufe langsam durch die Tür, laufe langsam zum Kopierer, etc.!
Was zur Hölle?! Erstens laufe ich in einer absolut normalen Geschwindigkeit, zweitens will ich meine Energie bei einem achtstündigen Arbeitstag nicht damit verschwenden, einen 50 m-Sprint zum Kopierer zu machen und drittens: Jemand, der nicht selten einstündige Smalltalks führt und sich somit keiner Arbeit zuwidmet, hat mir nicht zu sagen, ich "laufe langsam".
Dann kam die Tour, mit der ich bereits gerechnet hatte: Ich wurde mit anderen Praktikanten verglichen, welche vor mir dort waren. Ich wäre ja der Einzige, der seinen Vertrag nicht verlängert hat und nach drei Monaten aufhört. Alle anderen waren mindestens zwei Jahre dort. Meine Eltern sagen mir immer: „Vergleich dich nicht mit anderen.“ – etwas, das hier perfekt zur Anwendung kommt.
Was interessiert mich, was die Leute vor mir gemacht haben?! Es war meine ganz persönliche Entscheidung, die Reißleine zu ziehen, weil die Zwischenmenschlichkeit absolut nicht funktioniert hat. Dazu noch eine nette Rechnung: Das Unternehmen hat seit 2007 Praktikanten und immer nur einen auf einmal. Wenn wir also der Aussage Glauben schenken, dass jeder dort für mindestens zwei Jahre geblieben ist, dann wären das gerade mal fünf Vorgänger gewesen. Schön an einer Hand abzählbar. Und daraus will man mir nun also einen Strick drehen, ich hätte einfach so aufgehört? Pah. In den ersten beiden Wochen saß ich immer mit Tränen in den Augen in der Kleiderkammer und habe ans Aufgeben gedacht. Aber ich wollte es durchziehen, bis zum bitteren Ende. Da war ich also froh, dass ich diese drei Monate geschafft hatte und dann kamen die mir mit so einer Nummer an. Lächerlich. Das Witzige war, dass Frau M. plötzlich relativierte und sagte, dass mein direkter Vorgänger nach 14 Tagen abgebrochen hat. Kann ich sehr gut nachvollziehen…
Also ja, ein Desaster sondergleichen. Ich bin froh, dass das vorüber ist. Das nächste Praktikum soll voraussichtlich schon im Mai starten. Hoffentlich nicht. Und falls doch, dann bitte nicht mit solchen Menschen.